Mittwoch, 31. Oktober 2007

Autokauf : Online informieren und kommunizieren - Offline kaufen?

Laut einer Pressemitteilung auf PCtipp.ch vom 30.10.2000 schätzte Capgemini Autokäufe via Internet in absehbarer Zukunft eher als Ausnahme ein - Begründung: erst 0,7% der Befragten gaben an, einen Wagen möglicherweise online kaufen zu wollen. Dieser Anteil werde in nächster Zeit auf höchstens 4% steigen. Knapp 7 Jahre später - durchaus aus der Perspektive von 2000 "nächste Zeit" - stellt Capgemini in der neu veröffentlichten Studie Cars Online 07/08 fest, dass ungefähr 20% der potenziellen Autokäufer in den nächsten 18 Monaten einen Kauf via Internet als wahrscheinlich oder als sehr wahrscheinlich ansehen. Auch wenn der Unterschied zwischen realisierten Käufen und als "wahrscheinlich" in Studien geäußerten Käufen noch groß sein dürfte, deuten diese Zahlen auf eine klare Veränderung des Konsumentenverhaltens auf dem Automarkt hin. Trotz aller Interneteuphorie 2000 ist man dann doch etwas überrascht über die "Normalisierung" des Internethandels auch bei teureren und langfristigeren Investitionen wie einem PKW.

Die neue Studie von Capgemini mit annähernd 2.600 potenziellen Autokäufern (Autokauf wahrscheinlich in den nächsten 18 Monaten) in USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und China kommt zu dem Ergebnis, dass der Online Auftritt und das Online Angebot der Marken und der Händler eine immer größere Rolle beim Kauf und vor allem bei der Kaufentscheidung und der Kundenbindung spielen.


Online-Kauf: Deutschland und Frankreich am stärksten

Die für mich erstaunlichste Aussage: In Deutschland und Frankreich ist die Bereitschaft, den Wagen online zu kaufen, am stärksten ausgeprägt. 28% in Frankreich und 27% in Deutschland gaben an, dass dieser Weg wahrscheinlich ist. In UK und USA sind die entsprechenden Quoten deutlich niedriger: 21% bzw. 18%. Nicht erstaunlich ist die noch niedrige Anzahl von 5% in China.

Für diejenigen, die nicht bereit sind, den Wagen online zu kaufen, spielt vor allem der direkte Kontakt eine wichtige Rolle - dies entspricht auch dem Ergebnis einer anderen deutschen Studie der Santander Consumer Bank und der Zeitschrift "kfz-Betrieb". Darin nennen die Befragten v.a. die unpersönliche Abwicklung im Internet als Hinderungsgrund. Neben dem direkten "Augenkontakt" mit dem Verkäufer spielt aber nach dieser Studie auch der direkte sinnhafte Kontakt mit dem Fahrzeug eine wichtige Rolle: Immerhin 91% der Befragten wollen ihr zukünftiges Auto "anfassen" und Probe fahren.

Wie man diese physische Nähe und Sinnlichkeit in der Online nachbilden bzw. ersetzen kann, ist die Aufgabe von Webdesignern und Online-Architekten.


Information: Herstellerseite dominiert

Als Informationskanal Nummer 1 wird mittlerweile die Website der Hersteller genannt: 70% der potenziellen Kunden informieren sich über aktuelle Angebote und Ausstattungsmerkmale direkt beim Hersteller. Damit übertrifft diese Quelle jede Offline-Informationsquelle wie Familie und Freunde sowie Fachpresse (jeweils von 44% genannt).

Dagegen fällt die Zahl der Nennungen von Webforen, Blogs oder News- bzw. Diskussionsgruppen mit 29% vergleichsweise niedrig aus. Jedoch sollte man die Bedeutung dieser Quellen nicht gering einschätzen: während Hersteller und Händlerseiten annähernd altersunspezifisch in ihrer Bedeutung sind, spielen Web 2.0 Elemente v.a. bei jüngeren Gruppen eine wichtige Rolle. Das heißt, dass ihre Bedeutung in naher Zukunft wachsen dürfte.

Etwas unklar bleibt mir nach der Lektüre des Berichts, ob die Aussage stimmt, dass die chinesischen Befragten am stärksten die Herstellerseiten im Web nutzen würden - eigentlich sind 60% weniger als 70%. Dagegen stimmt die Aussage für die Web 2.0 Elemente: 43% der Chinesen geben sie als Informationsquelle an (im Durchschnitt: 29%).


Gesuchte Information auf der Website: Preise, Vergleiche und Produktinformationen

Der Preis spielt bei der Hitliste der gesuchten Informationen die wichtigste Rolle (45%), gefolgt von der Möglichkeit, Autos zu vergleichen, und "Full range of product information" (jeweils 38%). Umfassende Informationen ist natürlich unspezifisch. Sie weist aber darauf hin, dass die potenziellen Kunden sehr wohl konkrete Informationen suchen, und sich damit die Aufgabe stellt, Informationen gut auffindbar und verständlich zu präsentieren.

Einen umfassenden Konfigurator für das Auto wünschen sich immerhin 24%, die Möglichkeit, einen Kostenvoranschlag zu erhalten 22% und einen integrierten Kostenrechner 21%. Kurz: die Kunden suchen auf der Webseite Auskunft zu a) welche Modelle gibt es mit b) welchen Ausstattungen und c) was kostet das?

Wie wichtig sind diese Informationen? Nach Aussage der Studie sehr wichtig, da mehr als 40% der Befragten angaben, dass sie bei Fehlen dieser Informationen zu einer anderen Marke wechseln würden. Das heißt abgekürzt: Wenn es mir gelingt, den potenziellen Käufer mit meiner Website im positiven Sinne zu beeindrucken und zu fesseln, dann ist ein wichtiger Schritt in Richtung On- oder Offline-Verkauf getan.

Ein weiteres Ergebnis der Studie ist für die Illusion der Schnelllebigkeit gerade durch das Internet bezeichnend: so erwarten ca. 34% der Nutzer eine Antwort auf eine Online gestellt Anfrage innerhalb vier Stunden - in China sogar 53%. Dabei gilt, dass dieser Anteil steigt, je näher der Kaufzeitpunkt liegt. Die Chancen des Internets sind also teilweise auch seine Risiken: Wenn Erwartungen nicht erfüllt werden (können), kann dies schnell auch in eine negative Richtung ausschlagen.


Kundenbindung: personalisierter Dialog - aber nicht mit allen!

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Kundenbindung tendenziell sinkt. So gaben in Deutschland 2005 61% an, einen Wagen der gleichen Marke wie der aktuelle Wagen kaufen zu wollen, und 2007 nur noch 55%. Umgekehrt scheint die Loyalität in Frankreich von 45% auf 56% gestiegen zu sein. Insgesamt muss man diese Werte doch eher etwas vorsichtig interpretieren. Dennoch zeigen auch die Ergebnisse dieser Studie, dass es wichtig ist, das Internet als Medium in die Kommunikation mit Kunden und potenziellen Kunden mit einzubeziehen und adäquat zu nutzen.

Wie das Internet genutzt werden kann, um die Kundenbindung zu steigern, ist angesichts der Entwicklung gerade der Web 2.0 Elemente sicherlich noch in der Erprobungsphase. Allerdings dürfte das Potenzial nicht nur in personalisierten Mails liegen, sondern in der Ergänzung zu den direkten Kontakten mit den Händlern und Werkstätten. So gaben 60% der Befragten an, dass personalisierte Angebote via Email positiven Einfluss auf ihre Kaufentscheidungen haben würde. Das setzt allerdings ein wechselseitiges Informationsverhalten voraus. Vor allem in Europa sind die Kunden der Studie zufolge dazu durchaus bereit (z.B. Opt-in in Websites von Herstellern oder Händlern).

Umgekehrt kann man aber gerade durch einen direkten oder indirekten Druck auf die Preisgabe von persönlichen Informationen Widerstand erzeugen und dadurch die Kundenbeziehung beenden. Daher weist der Report von Capgemini zu Recht darauf hin, mit diesen Kommunikations-Werkzeugen vorsichtig und bewusst umzugehen. Am sinnvollsten sind daher verschiedene Segmentierungen der Kunden und entsprechende Kommunikationsangebote.


Quellen:

Capgemini Studie Cars Online 07/08

Pressemitteilung auf PCTip.ch

Pressemitteilung kfz-direkt und Santander Consumer Bank


Donnerstag, 4. Oktober 2007